Frieden mit jedem Schritt
von Maha Ghosananda
Der kambodschanische Mönch Maha Ghosananda ist einer der führenden Lehrer des gegenwärtigen Theravada- Buddhismus in Südostasien und Supreme Patriarch des Buddhismus im heutigen Kambodscha. Jener mußte in den letzten 30 Jahren eine Phase unvorstellbaren Leids erfahren. Krieg, totalitäre Diktatur, Bürgerkrieg und Terror haben im kambodschanischen Volk fast 2 Mill. Tote hinterlassen. Haß, Verbitterung und Verzweiflung haben die Herzen der Menschen vergiftet. Das Dhamma war fast ausgerottet. Nur mühsam, mit tragischen Rückschlägen gibt es Schritte zum Frieden. Maha Ghosananda, von vielen 'Gandhi Kambodschas' genannt, mehrfach für den Friedensnobelpreis nominiert, versucht den Menschen den Frieden aus der Tiefe ihres Herzens neu zu eröffnen. Seine Worte und Bemühungen gelten dem Frieden überall in der heutigen Welt.Nicht-Handeln ist die Quelle allen Handelns. Ohne Frieden in uns selbst können wir wenig für den Frieden in der Welt tun. Wenn wir Frieden stiften, beginnen wir deshalb mit Stille - mit Meditation und Gebet.
Friedenstiften verlangt Mitgefühl. Es verlangt die Fähigkeit zuzuhören. Um zuhören zu können, müssen wir unser Ich aufgeben, selbst unsere eigenen Worte. Wir hören zu, bis wir unsere friedfertige Natur hören. Wenn wir lernen, uns selbst zuzuhören, lernen wir gleichzeitig, anderen zuzuhören, und dadurch erwachsen neue Ideen. Es entstehen Offenheit und Harmonie. Wenn wir einander vertrauen lernen, entdecken wir neue Möglichkeiten zur Konfliktlösung. Wenn wir aufmerksam zuhören, werden wir den Frieden wachsen hören.
Friedenstiften verlangt Achtsamkeit. Mit Eifersucht, Selbstgerechtigkeit oder sinnloser Kritik gibt es keinen Frieden. Wir müssen beschließen, daß Frieden stiften wichtiger ist als Kriege führen.
Friedenstiften erfordert Selbstlosigkeit. Friedenstiften ist die Verwurzelung der Selbstlosigkeit. Unerläßlich zum Friedenstiften ist die Fähigkeit zur Zusammenarbeit. Solange wir glauben, wir seien die einzigen, die den richtigen Weg wissen, können wir wenig für den Frieden tun. Ein echter Friedensstifter strebt nur nach Frieden, nicht nach Ruhm oder Ehren. Das Streben nach Ruhm und Ehre schadet unseren Bemühungen nur.
Friedenstiften verlangt Weisheit. Der Friede ist ein bewußt gewählter Weg. Er ist keine ziellose Wanderschaft, sondern eine Reise Schritt für Schritt.
Friedenstiften ist der mittlere Pfad des Gleichmuts, der Nicht-Dualität und des Nicht-Anhaftens. Frieden stiften bedeutet ein Gleichgewicht von Weisheit und Mitgefühl und die Übereinkunft von humanitären Bedürfnissen und politischen Realitäten. Es bedeutet Mitgefühl ohne Zugeständnisse und Frieden ohne Beschwichtigung.
Liebende Güte (metta) ist der einzige Weg zum Frieden.
Grenzenlos liebende Güte
Es gibt nichts Herrlicheres als Frieden. Wenn wir unsere Haltung festigen und den Geist beruhigen, können wir den Frieden in uns selbst verwirklichen. Dann können wir liebende Güte für alle und alles um uns herum ausstrahlen - für unsere Familie, unsere Gemeinde, unsere Nation und für die ganze Welt.
Wir können meditieren: "Möge ich glücklich sein. Möge ich friedfertig sein. Möge ich frei sein von Ärger. Möge ich frei sein von Leiden."
Warum müssen wir zuallererst liebevolle Güte für uns selbst empfinden? Weil der Friede beim einzelnen Menschen beginnt. Nur wenn wir für uns selbst liebevolle Güte empfinden, können wir sie auch anderen entgegenbringen. Nächstenliebe beginnt bei uns selbst. Wenn wir uns selbst schützen, schützen wir die ganze Welt. Wenn wir liebevoll gütig mit uns selbst umgehen, tun wir dies auch mit der ganzen Welt. Wenn wir meditieren "möge ich glücklich sein", sprechen wir für alle. Die ganze Welt ist eins, das Leben ist eins. Wir besitzen alle dieselbe Buddha-Natur.
Liebende Güte ist eine sehr mächtige Energie. Sie strahlt unterschiedslos auf alle Wesen aus - auf diejenigen, die wir lieben, auf solche, die uns gleichgültig sind und auf unsere Feinde. Liebende Güte kennt keine Grenzen. Sie ist die Grundlage des Dhamma. Buddha sah die ganze Welt mit Mitgefühl. Deshalb wird unser Gebet um persönliches Glück ganz von selbst zu einem Gebet für alle Menschen: "Möge die ganze Welt glücklich und frei von Leiden sein."
Wenn wir alle Wesen lieben, werden wir furchtlos. Unser Reden und alle unsere körperlichen und geistigen Handlungen werden klar und wir werden frei.
Das größte Glück findet man in einem Leben ohne Egoismus. Solch ein Leben ist eine der Früchte liebevoller Güte, eine andere die Zufriedenheit mit dem Leben, so wie es ist. Das Leben erscheint oft mühsam, aber es wird leicht, wenn wir aufhören zu kämpfen. Von Augenblick zu Augenblick und Schritt um Schritt können wir das Leben als leicht und angenehm erfahren, Es gibt keinen Grund zur Hetze!
Mit liebender Güte sind wir wie ein Fisch im klaren Wasser, niemals von den Lasten der Welt niedergedrückt. Leicht trägt uns der Strom der Zeit von Augenblick zu Augenblick. Völliger Friede herrscht in Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist, denn wir beherrschen alle unsere Sinne. Wir haben ein klares Verständnis vom Zweck unseres Lebens und davon, wie man glücklich lebt. Außerdem haben wir ein klares Verständnis des Gegenstands unserer Konzentration sowie von "ich" und "mein". Buddha sagte, "ich und mein gibt es nicht", und das verstehen wir, wenn wir liebevolle Güte praktizieren.
Gewöhnlich sind wir selbstsüchtig in bezug auf unsere Familie, unser Geld, unsere Wohnung, unseren Ruf und Namen und in bezug auf das Dhamma. Wenn wir aber liebevolle Güte praktizieren, geben wir allen Menschen großzügig Nahrung, Geld, Unterkunft und das Dhamma.
Liebende Güte bedeutet auch Freundlichkeit. Alle Feindschaft wird verwandelt. Unsere Gegner werden uns nicht mehr hassen und vielleicht unsere liebende Güte als Freunde erwidern.
So ist liebende Güte.
Der Friede wächst langsam
Es gibt kein Ich. Es gibt nur Ursachen und Bedingungen. Deshalb ist es sinnlos, mit uns selbst und anderen zu kämpfen. Dem Weisen ist klar, daß die grundlegenden Ursachen und Bedingungen aller Konflikte geistiger Art sind.
Sieg führt zu Haß. Niederlage schafft Leiden. Wer weise ist, wünscht weder Sieg noch Niederlage.
Dem Egoismus können wir mit der Waffe der Großzügigkeit entgegentreten, der Ignoranz mit der Waffe der Weisheit, dem Haß mit der Waffe der liebenden Güte.
Buddha sagte: "Wenn man uns Unrecht getan hat, müssen wir allen Ärger beiseiteschieben und uns sagen, "Mein Geist läßt sich nicht stören. Kein ärgerliches Wort soll über meine Lippen kommen. Ich werde gütig und freundlich bleiben, gütig denken und keinen Groll hegen". Friede beginnt im Denken. Ja, wir zeigen Güte sogar gegenüber dem Unterdrücker.
Nach einer großen Dunkelheit sehen wir das Licht des Friedens in Kambodscha nahen. Wir sind dankbar für Buddhas Mitgefühl und Licht, seine Verwirklichung von Frieden, Einheit und Weisheit. Wir beten, daß diese Einheit, das Herz der Versöhnung, der mittlere Weg, bei jedem Treffen und Dialog der kambodschanischen Führer gegenwärtig sein möge.
Wir versuchen, die Fähigkeit zum Frieden zu lernen und zu lehren. Wenn wir das Dharma leben, entfaltet sich innerer Friede und die Fähigkeit, den Frieden außen zu verwirklichen. Gemeinsam mit den Friedensstiftern aller Glaubensrichtungen können wir keinen Sieg akzeptieren außer den des Friedens selbst. Wir haben kein Bedürfnis nach Ruhm, Titel und Ehre.
Liebende Güte ist lebendig in jedem Herzen. Horcht, der Friede wächst in Kambodscha - langsam, Schritt für Schritt.
Wir sind unser Tempel
Viele Buddhisten leiden - in Tibet, Kambodscha, Laos, Burma, Vietnam und anderswo. Das wichtigste, was wir Buddhisten tun können, ist, die Befreiung des menschlichen Geistes in jeder Nation der Menschheitsfamilie zu fördern. Wir müssen unser religiöses Erbe als lebendige Quelle nutzen.
Was kann der Buddhismus tun, um die Wunden der Welt zu heilen? Welche der Lehren Buddhas können wir anwenden, um die menschlichen Verhältnisse zu heilen und zu verbessern? Eine der mutigsten Handlungen Buddhas war, auf ein Schlachtfeld zu treten, um einen Konflikt zu beenden. Er wartete nicht in seinem Tempel, bis die Gegner zu ihm kamen, sondern ging geradewegs auf das Schlachtfeld, um den Konflikt zu beenden. Im Westen nennt man das "Konfliktlösung".
Wie beenden wir einen Konflikt, eine Schlacht, einen Machtkampf? Was bedeutet Aussöhnung wirklich? Gandhi sagte, das Wesen gewaltfreien Handelns bestehe darin, die Widersprüche zu beseitigen, nicht die Widersacher. Dies ist entscheidend. Der Gegner hat unseren Respekt. Wir vertrauen zutiefst seiner oder ihrer Menschlichkeit und verstehen Feindseligkeit als Folge von Unwissenheit. Indem wir gegenseitig an das Beste in uns appelliereren, erreichen wir als Befriedigung den Frieden. Beide werden Friedensstifter. Gandhi nannte das "bilateralen Sieg".
Wir Buddhisten müssen den Mut aufbringen, unsere Tempel zu verlassen und uns in die Tempel menschlicher Erfahrung zu begeben die voller Leiden sind. Wenn wir auf Buddha, Christus und Gandhi hören, können wir nicht anders handeln. Die Flüchtlingslager, Gefängnisse, Ghettos und Schlachtfelder werden dann zu unseren Tempeln. Wir haben sehr viel Arbeit zu tun.
Diese Veränderung wird langsam vor sich gehen, denn viele Menschen in Asien sind dazu erzogen worden, einem traditionellen Mönchtum zu vertrauen. Viele Kambodschaner sagen mir: "Ehrwürdiger, Mönche gehören in den Tempel." Es fällt ihnen schwer, sich auf diese neue Rolle einzustellen, aber wir Mönche müssen auf die immer lauteren Hilferufe der Leidenden antworten. Denken wir daran, daß unser Tempel immer bei uns ist. Wir sind unser Tempel.
Dieser Text ist entnommen Maha Ghosanandas Buch: 'Step by Step - Meditations on Wisdom and Compassion', Parallax Press, Berkeley, 1991. Übersetzung aus dem Englischen von Angelika Loo. Veröffentlichung mit der herzlichen Genehmigung des Autors.
Das Buch ist inzwischen auch auf Deutsch erschienen unter dem Titel: "Wenn der Buddha lächelt - Frieden finden, Schritt für Schritt" mit einem Vorwort von Jack Kornfield, im Verlag Herder Freiburg, Reihe Spektrum.
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Der kambodschanische Mönch Maha Ghosananda ist einer der führenden Lehrer des gegenwärtigen Theravada- Buddhismus in Südostasien und Supreme Patriarch des Buddhismus im heutigen Kambodscha. Jener mußte in den letzten 30 Jahren eine Phase unvorstellbaren Leids erfahren. Krieg, totalitäre Diktatur, Bürgerkrieg und Terror haben im kambodschanischen Volk fast 2 Mill. Tote hinterlassen. Haß, Verbitterung und Verzweiflung haben die Herzen der Menschen vergiftet. Das Dhamma war fast ausgerottet. Nur mühsam, mit tragischen Rückschlägen gibt es Schritte zum Frieden. Maha Ghosananda, von vielen 'Gandhi Kambodschas' genannt, mehrfach für den Friedensnobelpreis nominiert, versucht den Menschen den Frieden aus der Tiefe ihres Herzens neu zu eröffnen. Seine Worte und Bemühungen gelten dem Frieden überall in der heutigen Welt.Nicht-Handeln ist die Quelle allen Handelns. Ohne Frieden in uns selbst können wir wenig für den Frieden in der Welt tun. Wenn wir Frieden stiften, beginnen wir deshalb mit Stille - mit Meditation und Gebet.
Friedenstiften verlangt Mitgefühl. Es verlangt die Fähigkeit zuzuhören. Um zuhören zu können, müssen wir unser Ich aufgeben, selbst unsere eigenen Worte. Wir hören zu, bis wir unsere friedfertige Natur hören. Wenn wir lernen, uns selbst zuzuhören, lernen wir gleichzeitig, anderen zuzuhören, und dadurch erwachsen neue Ideen. Es entstehen Offenheit und Harmonie. Wenn wir einander vertrauen lernen, entdecken wir neue Möglichkeiten zur Konfliktlösung. Wenn wir aufmerksam zuhören, werden wir den Frieden wachsen hören.
Friedenstiften verlangt Achtsamkeit. Mit Eifersucht, Selbstgerechtigkeit oder sinnloser Kritik gibt es keinen Frieden. Wir müssen beschließen, daß Frieden stiften wichtiger ist als Kriege führen.
Friedenstiften erfordert Selbstlosigkeit. Friedenstiften ist die Verwurzelung der Selbstlosigkeit. Unerläßlich zum Friedenstiften ist die Fähigkeit zur Zusammenarbeit. Solange wir glauben, wir seien die einzigen, die den richtigen Weg wissen, können wir wenig für den Frieden tun. Ein echter Friedensstifter strebt nur nach Frieden, nicht nach Ruhm oder Ehren. Das Streben nach Ruhm und Ehre schadet unseren Bemühungen nur.
Friedenstiften verlangt Weisheit. Der Friede ist ein bewußt gewählter Weg. Er ist keine ziellose Wanderschaft, sondern eine Reise Schritt für Schritt.
Friedenstiften ist der mittlere Pfad des Gleichmuts, der Nicht-Dualität und des Nicht-Anhaftens. Frieden stiften bedeutet ein Gleichgewicht von Weisheit und Mitgefühl und die Übereinkunft von humanitären Bedürfnissen und politischen Realitäten. Es bedeutet Mitgefühl ohne Zugeständnisse und Frieden ohne Beschwichtigung.
Liebende Güte (metta) ist der einzige Weg zum Frieden.
Grenzenlos liebende Güte
Es gibt nichts Herrlicheres als Frieden. Wenn wir unsere Haltung festigen und den Geist beruhigen, können wir den Frieden in uns selbst verwirklichen. Dann können wir liebende Güte für alle und alles um uns herum ausstrahlen - für unsere Familie, unsere Gemeinde, unsere Nation und für die ganze Welt.
Wir können meditieren: "Möge ich glücklich sein. Möge ich friedfertig sein. Möge ich frei sein von Ärger. Möge ich frei sein von Leiden."
Warum müssen wir zuallererst liebevolle Güte für uns selbst empfinden? Weil der Friede beim einzelnen Menschen beginnt. Nur wenn wir für uns selbst liebevolle Güte empfinden, können wir sie auch anderen entgegenbringen. Nächstenliebe beginnt bei uns selbst. Wenn wir uns selbst schützen, schützen wir die ganze Welt. Wenn wir liebevoll gütig mit uns selbst umgehen, tun wir dies auch mit der ganzen Welt. Wenn wir meditieren "möge ich glücklich sein", sprechen wir für alle. Die ganze Welt ist eins, das Leben ist eins. Wir besitzen alle dieselbe Buddha-Natur.
Liebende Güte ist eine sehr mächtige Energie. Sie strahlt unterschiedslos auf alle Wesen aus - auf diejenigen, die wir lieben, auf solche, die uns gleichgültig sind und auf unsere Feinde. Liebende Güte kennt keine Grenzen. Sie ist die Grundlage des Dhamma. Buddha sah die ganze Welt mit Mitgefühl. Deshalb wird unser Gebet um persönliches Glück ganz von selbst zu einem Gebet für alle Menschen: "Möge die ganze Welt glücklich und frei von Leiden sein."
Wenn wir alle Wesen lieben, werden wir furchtlos. Unser Reden und alle unsere körperlichen und geistigen Handlungen werden klar und wir werden frei.
Das größte Glück findet man in einem Leben ohne Egoismus. Solch ein Leben ist eine der Früchte liebevoller Güte, eine andere die Zufriedenheit mit dem Leben, so wie es ist. Das Leben erscheint oft mühsam, aber es wird leicht, wenn wir aufhören zu kämpfen. Von Augenblick zu Augenblick und Schritt um Schritt können wir das Leben als leicht und angenehm erfahren, Es gibt keinen Grund zur Hetze!
Mit liebender Güte sind wir wie ein Fisch im klaren Wasser, niemals von den Lasten der Welt niedergedrückt. Leicht trägt uns der Strom der Zeit von Augenblick zu Augenblick. Völliger Friede herrscht in Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist, denn wir beherrschen alle unsere Sinne. Wir haben ein klares Verständnis vom Zweck unseres Lebens und davon, wie man glücklich lebt. Außerdem haben wir ein klares Verständnis des Gegenstands unserer Konzentration sowie von "ich" und "mein". Buddha sagte, "ich und mein gibt es nicht", und das verstehen wir, wenn wir liebevolle Güte praktizieren.
Gewöhnlich sind wir selbstsüchtig in bezug auf unsere Familie, unser Geld, unsere Wohnung, unseren Ruf und Namen und in bezug auf das Dhamma. Wenn wir aber liebevolle Güte praktizieren, geben wir allen Menschen großzügig Nahrung, Geld, Unterkunft und das Dhamma.
Liebende Güte bedeutet auch Freundlichkeit. Alle Feindschaft wird verwandelt. Unsere Gegner werden uns nicht mehr hassen und vielleicht unsere liebende Güte als Freunde erwidern.
So ist liebende Güte.
Der Friede wächst langsam
Es gibt kein Ich. Es gibt nur Ursachen und Bedingungen. Deshalb ist es sinnlos, mit uns selbst und anderen zu kämpfen. Dem Weisen ist klar, daß die grundlegenden Ursachen und Bedingungen aller Konflikte geistiger Art sind.
Sieg führt zu Haß. Niederlage schafft Leiden. Wer weise ist, wünscht weder Sieg noch Niederlage.
Dem Egoismus können wir mit der Waffe der Großzügigkeit entgegentreten, der Ignoranz mit der Waffe der Weisheit, dem Haß mit der Waffe der liebenden Güte.
Buddha sagte: "Wenn man uns Unrecht getan hat, müssen wir allen Ärger beiseiteschieben und uns sagen, "Mein Geist läßt sich nicht stören. Kein ärgerliches Wort soll über meine Lippen kommen. Ich werde gütig und freundlich bleiben, gütig denken und keinen Groll hegen". Friede beginnt im Denken. Ja, wir zeigen Güte sogar gegenüber dem Unterdrücker.
Nach einer großen Dunkelheit sehen wir das Licht des Friedens in Kambodscha nahen. Wir sind dankbar für Buddhas Mitgefühl und Licht, seine Verwirklichung von Frieden, Einheit und Weisheit. Wir beten, daß diese Einheit, das Herz der Versöhnung, der mittlere Weg, bei jedem Treffen und Dialog der kambodschanischen Führer gegenwärtig sein möge.
Wir versuchen, die Fähigkeit zum Frieden zu lernen und zu lehren. Wenn wir das Dharma leben, entfaltet sich innerer Friede und die Fähigkeit, den Frieden außen zu verwirklichen. Gemeinsam mit den Friedensstiftern aller Glaubensrichtungen können wir keinen Sieg akzeptieren außer den des Friedens selbst. Wir haben kein Bedürfnis nach Ruhm, Titel und Ehre.
Liebende Güte ist lebendig in jedem Herzen. Horcht, der Friede wächst in Kambodscha - langsam, Schritt für Schritt.
Wir sind unser Tempel
Viele Buddhisten leiden - in Tibet, Kambodscha, Laos, Burma, Vietnam und anderswo. Das wichtigste, was wir Buddhisten tun können, ist, die Befreiung des menschlichen Geistes in jeder Nation der Menschheitsfamilie zu fördern. Wir müssen unser religiöses Erbe als lebendige Quelle nutzen.
Was kann der Buddhismus tun, um die Wunden der Welt zu heilen? Welche der Lehren Buddhas können wir anwenden, um die menschlichen Verhältnisse zu heilen und zu verbessern? Eine der mutigsten Handlungen Buddhas war, auf ein Schlachtfeld zu treten, um einen Konflikt zu beenden. Er wartete nicht in seinem Tempel, bis die Gegner zu ihm kamen, sondern ging geradewegs auf das Schlachtfeld, um den Konflikt zu beenden. Im Westen nennt man das "Konfliktlösung".
Wie beenden wir einen Konflikt, eine Schlacht, einen Machtkampf? Was bedeutet Aussöhnung wirklich? Gandhi sagte, das Wesen gewaltfreien Handelns bestehe darin, die Widersprüche zu beseitigen, nicht die Widersacher. Dies ist entscheidend. Der Gegner hat unseren Respekt. Wir vertrauen zutiefst seiner oder ihrer Menschlichkeit und verstehen Feindseligkeit als Folge von Unwissenheit. Indem wir gegenseitig an das Beste in uns appelliereren, erreichen wir als Befriedigung den Frieden. Beide werden Friedensstifter. Gandhi nannte das "bilateralen Sieg".
Wir Buddhisten müssen den Mut aufbringen, unsere Tempel zu verlassen und uns in die Tempel menschlicher Erfahrung zu begeben die voller Leiden sind. Wenn wir auf Buddha, Christus und Gandhi hören, können wir nicht anders handeln. Die Flüchtlingslager, Gefängnisse, Ghettos und Schlachtfelder werden dann zu unseren Tempeln. Wir haben sehr viel Arbeit zu tun.
Diese Veränderung wird langsam vor sich gehen, denn viele Menschen in Asien sind dazu erzogen worden, einem traditionellen Mönchtum zu vertrauen. Viele Kambodschaner sagen mir: "Ehrwürdiger, Mönche gehören in den Tempel." Es fällt ihnen schwer, sich auf diese neue Rolle einzustellen, aber wir Mönche müssen auf die immer lauteren Hilferufe der Leidenden antworten. Denken wir daran, daß unser Tempel immer bei uns ist. Wir sind unser Tempel.
Dieser Text ist entnommen Maha Ghosanandas Buch: 'Step by Step - Meditations on Wisdom and Compassion', Parallax Press, Berkeley, 1991. Übersetzung aus dem Englischen von Angelika Loo. Veröffentlichung mit der herzlichen Genehmigung des Autors.
Das Buch ist inzwischen auch auf Deutsch erschienen unter dem Titel: "Wenn der Buddha lächelt - Frieden finden, Schritt für Schritt" mit einem Vorwort von Jack Kornfield, im Verlag Herder Freiburg, Reihe Spektrum.
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